Apple kopiert Schweizer Bahnhofsuhr für iOS 6-Uhren-App

Mit iOS 6 verfügt endlich auch das iPad über eine vorinstallierte Uhren-App. Bei deren Gestaltung zeigte sich Apple allerdings nicht kreativ, sondern kopierte schlicht die seit Jahrzehnten gebräuchliche Schweizer Bahnhofsuhr:

Bild: Schweizer Bahnhofsuhr und Uhren-App auf dem iPad im Vergleich

Die deutschsprachige Wikipedia beschreibt die Bahnhofsuhr der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wie folgt:

«Die Schweizer Bahnhofsuhr wurde 1944 vom Schweizer Ingenieur und Gestalter Hans Hilfiker für die [SBB] entworfen. Sie zeichnet sich durch ein sehr klares, reduziertes Design mit schwarzen Skalenstrichen auf weissem Grund und balkenförmige, schwarze Stunden- und Minutenzeiger aus. Ziffern fehlen. […]

Später ergänzte Hilfiker […] die Uhr um einen roten Sekundenzeiger in einer an eine Schaffnerkelle erinnernden Form aus dünnem Stab mit einer runden Scheibe am Ende. […].»

Gemäss einem Medienbericht sind die SBB verärgert und bemühen sich, «mit Apple in Kontakt zu treten, um die unautorisierte Nutzung finanziell und rechtlich zu regeln». Die schweizerische Uhrenherstellerin Mondaine, die Schweizer Bahnhofsuhren exklusiv in Lizenz herstellt, prüft rechtliche Schritte. Auch verärgert ist iOS-Entwickler Thomas Feger, der die Bahnhofsuhr in Form einer iOS-App namens SwissRailwayClock vertreibt.

(Via Peter Hossli.)

Foto: Wikimedia Commons/JuergenG und Rainzer Z, GNU FDL.

Nachtrag vom 21. September 2012

Patrick Comboeuf, E-Business-Verantwortlicher bei den SBB, schreibt bei Facebook, rechtliche Schritte seien nicht erfolgt und auch nicht geplant:

«For the record: no legal action has been and will be taken…»

Hintergrund der zurückhaltenden Position der SBB könnte der Ticketverkauf über die eigene iOS-App sein, der nicht über In-App-Käufe erfolgt und damit eigentlich den Richtlinien von Apple widerspricht. Bei rechtlichen Schritten könnte dieser Ticketverkauf gefährdet sein, wobei Apple umgekehrt aber auch daran interessiert sein müsste, dass die staatliche Eisenbahngesellschaft als dominierendes Transportunternehmen in der Schweiz über eine solche App im App Store verfügt.

8 Kommentare

  1. Diese Kopie ist ja vor allem deshalb noch besonders, weil Apple sich ansonsten nicht scheut, Prozesse gegen andere zu führen, die auch nur annähernd etwas aus dem Hause Apple «kopieren». In den eigenen Reihen nimmt man das offensichtlich nicht so genau…

    1. @Titus Sprenger:

      … oder Apple hat festgestellt, dass das Design der Schweizer Bahnhofsuhr rechtlich gesehen durchaus für eine App verwendet werden kann – in der Schweiz zumindest ist die Bahnhofsuhr bezüglich der Nutzung als App nicht markenrechtlich geschützt, ein urheberrechtlicher Schutz ist fraglich und ein etwaiger Designschutz wäre längst abgelaufen.

  2. Apple hat sich mit mehreren Gebrauchsmustern in USA, salopp gesagt, die rechteckige Form mit schmalem Rand für Handydisplays schützen lassen und Samsung damit in die Bedrouille gebracht. Ihre Argumentation vor Gericht, dass Apple immer erfindet und andere kopieren ist durch vorliegendes Beispiel widerlegt.

    Unter diesem Blickwinkel wird es interessant zu beobachten, wie Apple reagieren wird. Ich denke sie werden ändern und nicht bezahlen wollen.

  3. Naja, Jobs hat ja zugegeben, dass er die Fenstertechnik und die Maus bei Xerox abgekupfert hat. Also ich habe Apple nie für erfinderisch, aber für kreativ in der Anwendung gehalten…

    1. @Silke Plaff:

      «Also verdienen die an jedem iPad mit?»

      In den Medien ist in diesen Tagen von einer Zahlung von 20 Millionen Franken die Rede:

      http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/unternehmen-und-konjunktur/Der-Streit-mit-Apple-schwemmt-Millionen-in-die-SBBKasse/story/29888690

      Der Zeitraum, für den diese angebliche Zahlung gilt, wird allerdings nicht erwähnt. Offen bleibt auch, wie man einen Lizenzvertrag schliessen kann, obwohl vermutlich gar kein immaterialgüterrechtlicher Schutz gegeben ist.

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