Bundesanwalt Beyeler vs. «Journaille», Anwälte und Richter

Der schweizerische Bundesanwalt Erwin Beyeler wurde im Juni 2011 abgewählt. In einem Interview in der der aktuellen Ausgabe der deutschen «ZEIT» führt er einen Rundumschlag gegen Journalisten, Rechtsanwälte und Richter. Nachfolgend einige Ausschnitte aus dem Interview, teilweise ergänzt mit Weblinks.

Kritik an «Journaille», Rechtsanwälten und Richtern

Kritischen Recherchejournalismus diffamiert Beyeler als «Weltwochisierung» der Medien und als «Rudeljournalismus»:

«Eine Kultur des Vorwurfs. Das durften auch andere erleben: Bundesratskandidat Bruno Zuppiger, vorher Regierungsrätin Karin Keller-Sutter, noch vorher Amtsdirektor Alard du Bois-Reymond. Gepaart ist die Kultur des Vorwurfs mit der Unkultur der Indiskretion. Zu viele Journalisten leben nur von Indiskretionen, die sie kolportieren und zu einem Vorwurf machen – et voilà! Und bei dieser ‹Weltwochisierung› muss jeder mitziehen, kein Blatt hält dagegen. Es ist das, was Alt Bundesrat Samuel Schmid in Ihrer Zeitung ‹Rudeljournalismus› genannt hat.»

Bei Lukas Häuptli, einem Journalisten der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), dessen Wahrnehmung nicht mit jener von Beyeler übereinstimmte, wittert er eine Verschwörung:

»[…] Ich bezweifle zum Beispiel, dass ein Journalist der NZZ am Sonntag unser Budget nicht verstehen kann. Also muss etwas anderes dahinterstecken.»

Ärgerlich findet Beyeler, dass einzelne Strafverteidiger zum Ärger von Beyeler offensichtlich glaubwürdiger kommunizieren als der Medien- und Kommunikationsdienst der Bundesanwaltschaft und dass es das Bundesstrafgericht wagte, öffentliche Kritik an der Bundesanwaltschaft zu üben:

»[…] Ein Problem ist […] dass die öffentliche Wahrnehmung der Verfahren durch die Verteidigung gesteuert wird: Die Anwälte stellen sich hin, erzählen ihre Sicht der Dinge, und die Zeitungen übernehmen das widerspruchslos. Bei der Bundesanwaltschaft hatten wir zudem ein Problem mit dem Bundesstrafgericht, welches die Gnade hatte, uns in der Öffentlichkeit zu kritisieren. Was nicht angeht.»

Die Feststellung des Bundesstrafgerichts, die Bundesanwaltschaft habe Zwangsmassnahmen erschlichen, akzeptiert Beyeler weiterhin nicht:

«Aus unserer Warte ist es ein höchst unbefriedigendes Urteil. Allein schon der Vorwurf, die Bundesanwaltschaft habe Zwangsmaßnahmen erschlichen, entbehrt jeglicher Grundlage. Das ist geradezu ehrverletzend.»

Das Bundesstrafgericht möchte Beyeler nicht «voreingenommen», sondern als «lernend» bezeichnen:

«Da möchte ich mich jetzt nicht versteigen. Wir sind beides lernende Organisationen.»

Auch vielfache anwaltliche Kritik an den zahlreichen handwerklichen, prozessualen Fehlern der Bundesanwaltschaft weist Beyeler vollumfänglich zurück:

«Das stimmt nicht. Das ist falsch. So etwas ist sehr gezieltes Anwaltsgeschwätz.»

Während Beyeler keine Ziele bekannt sind, die er nicht erreichte – vielleicht mangels definierter Ziele –, haben «Journaille», Rechtsanwälte und Richter ihre Ziele gemäss Beyeler verfehlt:

«[…] Ein Gerichtspräsident hat gefälligst Akten zu lesen. […] Aber eben: Auch das hat die Journaille nicht aufgenommen. Die Medien übernahmen einfach die Argumentation des Anwalts der Hells Angels, Valentin Landmann, und die lautet: Die Bundesanwaltschaft hat ein ‹Puff›.»

Zukunft als Rechtsanwalt?

Seine Zukunft – nachdem er die Zeit bis Ende Februar 2012 aussitzen muss um eine Frührente zu erhalten –, sieht Beyeler als Rechtsanwalt:

«Ich habe im Sinn, mich – nach einer Pause – als Anwalt formell zu konstituieren und eintragen zu lassen in Schaffhausen. Dann möchte ich gern beratend tätig sein für Behörden, auch Projekte begleiten. Vielleicht mal als außerordentlicher Staatsanwalt. Oder als Strafverteidiger, wenn ein ganz interessanter Fall kommt.»

Anwaltskollege Konrad Jeker heisst Beyeler passend dazu im Kollegenkreis der Rechtsanwälte willkommen:

Willkommen, Herr Strafverteidigerkollege Beyeler. Es kommt bestimmt ein interessanter Fall (die uninteressanten können Sie ja den unerfahrenen Kolleginnen und Kollegen überlassen, die ihre Rente mitbezahlen). Mit etwas Glück kommt ja sogar ein interessanter Klient. Vielleicht sogar einer, der zu Unrecht verfolgt wird. Einer, für den Sie sich einsetzen gegen unberechtigte Zwangsmassnahmen und öffentliche Vorverurteilung. Sie werden dann feststellen, dass die Journaille schon wieder auf der falschen Seite steht, auf der anderen nämlich.

Bild: Schweizerische Bundesanwaltschaft.

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