Wirksame Aufsicht: Gegendarstellung vom Geheimdienst

Rechtsanwalt Martin Steiger

Vor einigen Tagen hatte ich Gelegenheit, in einem umfangreichen Interview in der TagesWoche über Datenschutz und Überwachung zu diskutieren. Hintergrund bildete der geplante Ausbau des Überwachungsstaates in der Schweiz.

In diesem Rahmen sind unter anderem die Legalisierung von Bundestrojanern und IMSI-Catchern, eine Verdoppelung der Vorratsdatenspeicherung und «Kabelaufklärung» im Stil der amerikanischen Nachrichtendienste vorgesehen.

Zur Sprache kam dabei unter anderem auch der schweizerische Geheimdienst, der Nachrichtendienst des Bundes (NDB):

«Beim NDB kennt man im Wesentlichen nur die gesetzlichen Grundlagen. Und ab und zu, wenn es zu besonders gravierenden Missständen kommt, erscheint ein parlamentarischer Untersuchungsbericht. Es gibt jedoch weder eine wirksame Aufsicht noch eine Erfolgskontrolle. Der NDB fusst quasi auf einem reinen Vertrauensprinzip. Das ist in einem Rechtsstaat problematisch. Menschen neigen dazu, über die Stränge zu schlagen. Es ist immer gefährlich – nicht nur beim Geheimdienst –, wenn unendlich viele Mittel zur Verfügung stehen und diese nicht wirksam kontrolliert werden.»

Mit diesen Ausführungen veranlasste ich Peter Minder, Chef Kommunikation beim zuständigen Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), zu folgender Gegendarstellung, die heute von der TagesWoche veröffentlicht wurde (Screenshot):

«In einem Interview mit der TagesWoche vom 1. Februar 2015 behauptet Herr Martin Steiger, Datenschutzexperte, es gebe weder eine wirksame Aufsicht noch eine Erfolgskontrolle im Hinblick auf den Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Diese Ausführungen sind falsch. Vielmehr wird der NDB von mehreren externen Organen (Nachrichtendienstliche Aufsicht des Departements VBS, Unabhängige Kontrollinstanz, Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, Finanzkontrolle im Auftrag der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte, Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte) intensiv kontrolliert.»

Eine Gegendarstellung ist ein medienrechtlicher Anspruch für Personen, die sich durch Tatsachenbehauptungen in den Medien in ein schlechtes Licht gerückt fühlen. Offen bleibt jeweils, wer Recht hat. Ich überlasse den Leserinnen und Lesern, ob und inwiefern beim NDB eine wirksame Aufsicht besteht und eine Erfolgskontrolle stattfindet.

Bild: TagesWoche, mit freundlicher Genehmigung.

6 Kommentare

  1. Gutes Interview! Enthält einige bedenkenswerte Aussagen … für den NDB natürlich schon starker Tobak.

    «Ich überlasse den Leserinnen und Lesern, ob und inwiefern beim NDB eine wirksame Aufsicht besteht und eine Erfolgskontrolle stattfindet.»

    Das ist allerdings ebenfalls schwierig. Auch wenn das VBS behauptet, es gebe
    «weltrekordverdächtig viele Kontrolleure» (in TagesWoche verlinkter NZZ-Artikel http://www.nzz.ch/1.18427615) – wer würde eine andere Aussage von einem Geheimdienstchef erwarten? – bleibt «das Problem, dass wir als Bürger mangels Transparenz eigentlich nichts wissen» (Zitat Interview) auch hier.

    Ganz nüchtern betrachtet bleibt tatsäschlich offen, ob wir unsere Steuern Im Bereich Sicherheit nicht viel wirksamer einsetzen könnten und sollten als sie in einen Nachrichtendienst zu stecken, der sich nicht beweisen muss.

  2. Genauigkeit ist nicht die Sache von Nachrichtendiensten. In eigenen Angelegenheiten. Pseudo-Kontrolle hilft da auch nicht weiter. Wenn niemand
    die Resultate erfährt.

    Danke für die Genauigkeit in der Öffentlichkeit.

  3. Das schöne an der Gegendarstellung ist eigentlich, dass Herr Minder ja nichtmal richtig widerspricht. Er behauptet, es werde «intensiv kontrolliert». In der beanstandeten Passage ging es allerdings um *wirksame* Kontrolle. Das eine schließt das andere nicht zwangsläufig ein. Ob Herr Minder diese Formulierung mit Absicht so gewählt hat oder nicht – er sollte als Journalist ja schon rhetorisch geschult sein – wird dem geneigten Leser überlassen. ;-)

  4. Tia, bis zur Gegendarstellung war es nur eine vergleichsweise wenig beachtete Meldung. Jetzt hat der Hund aufgeheult und wir wissen dass er getroffen wurde…

  5. Auch fefe berichtet bereits über die getroffenen aufheulenden Hunde.
    Und das ist gut so, denn fefe ist anders und wichtiger als die übliche Presse.

  6. Solange es unglaublich schwer nachzuvollziehen ist, inwiefern die Kontrolle der Geheimdienste systematisch unterlaufen wird, solange das Funktionieren dieser dubiosen Organe des Staates nicht transparent und nachprüfbar ist, warum sollte irgendwer den Geheimniskrämern, deren Berufsethos doch auf Täuschung fußt, trauen?

    Ob der NDB besser ist, vermag ich nicht zu beurteilen, aber zumindest in Deutschland kommt bei den Untersuchungsausschüssen im Wesentlichen heraus, dass Geheimdienste machen was sie wollen und Recht und Gesetz nur als lästige Hindernisse wahrnehmen, und die Kontrolle nicht funktioniert …

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