Sexuelle Belästigung: Persönlichkeitsverletzung via Handelsregister

Bild: Notebook mit rosarotem BH, umgeben von weissen Smartphones

Aktiengesellschaften (AG) in der Schweiz, bei denen sich die Zusammensetzung des Verwaltungsrates (VR) ändert, müssen unter anderem das entsprechende VR-Protokoll beim Handelsregister (HR) einreichen.

Für eine AG aus der Luftfahrtindustrie, die einen neuen VR-Vizepräsidenten gewählt hatte, reichte ein Anwaltskollege und Notar Ende vor einiger Zeit ein Protokoll ein, das unter anderem folgenden Absatz enthielt:

Bild: Abschnitt aus Verwaltungsprotokoll bezüglich sexueller Belästigung

Gemäss diesem Absatz wurde ein namentlich genannter Arbeitnehmer aufgrund sexueller Belästigung fristlos entlassen – so jedenfalls die Darstellung der Arbeitgeberin.

Da das HR einschliesslich Belege öffentlich ist (Art. 10 HRegV), wird über das HR nun der Vorwurf der sexuellen Belästigung öffentlich verbreitet – auch via Internet.

Mit diesem Vorwurf verletzt die betreffende Aktiengesellschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Persönlichkeitsrechte des genannten ehemaligen Arbeitnehmers und dieser könnte mit hohen Erfolgsaussichten gegen seine ehemalige Arbeitgeberin rechtlich vorgehen.

Das Handelsregisteramt (HRA) des Kantons Zürich beschreibt, welches Vorgehen angesichts der Öffentlichkeit des Handelsregisters empfehlenswert ist (mit Hervorhebung und Verlinkung durch den Autor):

«[…] Wir empfehlen Ihnen daher, beim Einreichen von Handelsregisteranmeldungen von der in Art. 23 HRegV erwähnten Möglichkeit Gebrauch zu machen, von Protokollen lediglich Auszüge einzureichen. So vermeiden Sie, dass Geschäftsgeheimnisse oder personalbezogene Aussagen öffentlich werden. Es genügt, wenn solche Auszüge vom Protokollführer sowie vom Vorsitzenden des beschliessenden Organs unterzeichnet werden.»

Sollte der namentlich genannte Arbeitnehmer gegen seine ehemalige Arbeitgeberin rechtlich vorgehen, müsste sich der erwähnte Anwaltskollege vermutlich fragen lassen, wieso er nicht bloss den relevanten Auszug aus dem VR-Protokoll beim HRA eingereicht hatte …

Bild: Pixabay / TeroVaselainen, Public Domain-ähnlich.


Nachtrag vom 30. November 2012

Bild: Vorschaubildchen des Artikel «Im Handelsregister am Pranger» aus der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 30. November 2012

Andreas Schmid beleuchtet in der heutigen Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) – auch inspiriert durch obigen Text –, wie man «[i]m Handelsregister am Pranger» stehen kann.

Gemäss dem NZZ-Artikel musste sich aufgrund einer Anfrage von SVP-Kantonsrat Claudio Schmid inzwischen auch der Regierungsrat des Kantons Zürich mit der Öffentlichkeit des Handelsregisters befassen. In seiner Antwort begründet der Regierungsrat ausführlich, worin die gesetzlichen Grundlagen bestehen und wieso der Internet-Zugriff auf Belege aus dem Handelsregister aus regierungsrätlicher Sicht grundsätzlich unproblematisch ist.

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