Justizöffentlichkeit: Smartphone-Verbot im Gerichtssaal?

Bild: Twitter-Vogel, gefangen in einem Vogel-Käfig

Twittern und andere Arten der Live-Berichterstattung aus Gerichtsverhandlungen sind umstritten. Am Zürcher Obergericht kann es allerdings bereits problematisch sein, als Zuschauer einer Gerichtsverhandlung überhaupt ein Smartphone zu benutzen, auch ohne zu twittern:

Als interessierter Zuschauer besuchte ich die Berufungsverhandlung gegen den so genannten «Kristallnacht-Twitterer». Während der Verhandlung und anlässlich der Urteilsverkündung nutzte ich mein Smartphone um Notizen zu verfassen. Beim Verlassen des Gerichtssaals wurde ich von der anwesenden Kanzlistin sinngemäss darauf hingewiesen, dass Geräte mit Internet-Verbindung grundsätzlich nicht erlaubt seien, weil man nicht wisse, ob damit Bild- und Tonaufnahmen erstellt würden. Die Nutzung von Smartphones sei bewilligungspflichtig und auch Journalisten dürften nur vor dem Gerichtssaal twittern.

Gemäss Art. 71 StPO sowie Art. 132 GOG-ZH sind «Bild- und Tonaufnahmen innerhalb von Gerichtsgebäuden […] nicht gestattet», was selbstverständlich einzuhalten ist. Gerichte müssen bei der Durchsetzung dieser Bestimmung aber die Verhältnismässigkeit wahren und den Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit beachten:

In diesem Rahmen fände ich es sinnvoll, wenn Gerichte die Zuschauerinnen und Zuschauer bei Beginn einer Gerichtsverhandlung darauf hinweisen würden, dass Bild- und Tonaufnahmen nicht gestattet sind und im Übrigen die Persönlichkeitsrechte der Parteien gewahrt werden müssen. Hingegen erscheint es mir nicht angemessen, alle Zuschauerinnen und Zuschauer dem Generalverdacht zu unterstellen, ihre Smartphones im Gerichtssaal für verbotene Aufnahmen zu verwenden. Einschränkungen, die in einzelnen Fällen notwendig sind, sollten vorgängig durch das betreffende Gericht mit Begründung kommuniziert werden.

Im August 2013 hatte das Zürcher Obergericht noch eine weniger restriktive Haltung vertreten:

«Üblicherweise entscheidet meist die Verfahrensleitung im konkreten Fall, ob der Gebrauch der Kommunikationsmittel durch das Publikum eingeschränkt wird – so auch am Zürcher Obergericht, wie dessen Sprecherin Andrea Schmidheiny sagt. Eine schriftliche interne Regelung zum Senden von Tweets und SMS aus dem Gerichtssaal gebe es nicht. Meist gehe es darum, Film- und Tonaufnahmen, die mit dem Handy ja auch möglich seien, zu unterbinden. Solche Aufnahmen sind von Gesetzes wegen nicht gestattet. Am Zürcher Obergericht sei das Problem des Twitterns oder Versendens von SMS nicht akut, sagt Schmidheiny.»

Im Parlament ist eine Motion von FDP-Nationalrat Olivier Feller hängig (13.3447), die verlangt, dass die «Benützung von Kommunikationsmitteln während Gerichtsverhandlungen in Gerichtssälen grundsätzlich zu verbieten» sei. Die Motion, die ursprünglich von FDP-Nationalrat Alain Ribaux stammt, wurde im Parlament noch nicht behandelt. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.

Bild: Flickr / mkhmarketing, «Blue Sky Twitter», CC BY 2.0 (generisch)-Lizenz.

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