Zürcher Handelsregisteramt als Registerhai?

«Bestimmt haben auch Sie kürzlich im Internet ein Unternehmen gesucht und dessen Website respektive E-Mail-Adresse gar nicht oder nur sehr umständlich gefunden? Das muss nicht sein!»

So beginnt ein Brief an Unternehmen, die im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen sind. Als Lösung wird eine «neue innovative Dienstleistung» namens «webLink» angeboten: Für «lediglich» 100 Franken im Jahr kann man seinen Handelsregister­eintrag um seine E-Mail- oder Website-Adresse ergänzen lassen; pro Jahr ist eine Aktualisierung «sogar kostenlos» inbegriffen (PDF).

Was auf den ersten Blick wie der Abzockversuch eines Registerhais wirkt, stammt tatsächlich vom Handelsregisteramt des Kantons Zürich und wird mindestens seit Anfang 2007 unter dem wenig vertrauenserweckenden Domainnamen «testfirma.ch» angeboten. Ob es wirklich Unternehmen gibt, die bereit sind, dafür 100 Franken pro Jahr zu bezahlen?

Das Anmeldeverfahren erfüllt gängige Vorurteile gegenüber Beamten in ihren Amtsstuben: Wer «webLink» nutzen möchte, muss von Hand einen schriftlichen «Antrag zur Benützung der Internet-Dienstleistung Weblink des Handelsregisteramtes des Kantons Zürich» vollständig ausfüllen (PDF), rechtsgültig unterzeichnen und per Briefpost (!) einsenden. Mit der Unterzeichnung unterwirft sich der Antragsteller umfassenden und sehr einseitig formulierten allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB, PDF). Akzeptiert das Handelsregisteramt den Antrag, muss die Jahresgebühr von 100 Franken – ob inklusive oder exklusive Mehrwertsteuer (MWST) bleibt unklar – im Voraus bezahlt werden. Nach erfolgter Bezahlung nimmt das Handelsregisteramt die Veröffentlichtung der E-Mail- oder Website-Adresse innert maximal vier Wochen vor …

Nachtrag

Die Musikschule «Instrumentor» nimmt das Thema aus der Sicht eines erst kürzlich gegründeten Unternehmens auf. «Instrumentor» bezeichnet das «webLink»-Angebot zu Recht als «überteuert, dubios und beschämend» – und hat sich folglich entschieden, auf das Angebot des Handelsregisteramtes des Kantons Zürich zu verzichten.

Foto: «Instrumentor» (mit freundlicher Genehmigung).

Nachtrag II

«webLink» gibt es auch im Kanton Basel-Stadt, wobei das Angebot (PDF) weitgehend jenem im Kanton Zürich entspricht.

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