Umstrittenes Twittern aus dem Gerichtssaal

Foto: Gerichtssaal am Obergericht des Kantons Bern

Die Schweizerische Bundesverfassung sieht vor, dass Gerichtsverhandlungen und Urteilsverkündungen in der Schweiz grundsätzlich öffentlich sind (Art. 30 Abs. 3 BV).

Im Bezug auf Twitter ist diese Gerichtsöffentlichkeit aber umstritten, wie ein aktueller Fall aus Neuenburg zeigt, über welchen der Tages-Anzeiger berichtet:

Dass Journalisten live aus dem Gerichtssaal twittern, passt nicht jedem Richter. Im Prozess um den Fussballclub Neuenburg Xamax wurden zwei Medienschaffende vor die Türe geschickt, weil sie per Smartphones Nachrichten nach draussen sandten. Die Strafprozessordnung hilft auch nicht weiter.»

Professoren, Richter und Staatsanwälte plädieren gemäss dem Tages-Anzeiger-Artikel für Entscheidungen von Fall zu Fall. Für Anwaltskollege Sébastian Fanti steht bei solchen Entscheidungen das öffentliche Interesse im Vordergrund. Lediglich Dominique von Burg, Präsident des Schweizer Presserates, erwähnt die grundsätzliche Bedeutung der Gerichtsöffentlichkeit:

«‹Öffentliche Prozesse gehören zu den essenziellen demokratischen Prinzipien.› Ausnahmen sieht etwa bei Sexualdelikten mit Kindern.»

Gerichtsverhandlungen finden heute weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, so dass in den meisten Verhandlungen faktisch keine Öffentlichkeit besteht.

Ich fände es deshalb erfreulich, wenn Twittern aus Gerichtssälen dazu beitragen könnte, die Gerichtsöffentlichkeit zu fördern. Markus Felber (fel.), Bundesgerichtskorrespondent der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und selbst ein eifriger Twitterer, befand Twitter im Gerichtssaal in seiner Analyse vom April 2010 für unproblematisch:

«Aus diesen Überlegungen spricht rechtlich nichts dagegen, über Twitter aus einer Urteilsberatung oder Gerichtsverhandlung zu berichten, solange das ohne akustische Störung und ohne ergänzende Bild- oder Tonaufzeichnungen geschieht. Ob das Ganze sinnvoll ist und je in grossem Stil Schule machen wird, ist eine andere Frage.»

Bild: Wikimedia Commons / Sandstein , «Audienzsaal am Obergericht des Kantons Bern», gemeinfrei.

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